Bad Honnef | Bei zwei Enthaltungen hat heute Abend der Rat der Einführung einer Dachmarke für Bad Honnef zugestimmt. Viel Lob gab es für die Initiative von Bürgermeister und Verwaltung, kritisiert wurde von fast allen Fraktionen der Mangel an Bereitschaft, die Bürger einzubeziehen. Auch die Kommunikation vor und während der Einführungsphase bekam keine guten Noten.
Schlechter steht es um das 1983 fertiggestellte Rathaus. Insgesamt besteht ein Sanierungsbedarf von 18 Millionen EUR. Als Gründe nannte die Verwaltung Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht über Jahre. Sogar die Eignung des Baugrunds wurde hinterfragt. Bald geht es um Entscheidungen: weiter sanieren oder neu bauen?
Zu Beginn des TOP „Einführung einer Dachmarke für Bad Honnef“, gab Bürgermeister Otto Neuhoff noch einmal einen Überblick über die wirtschaftliche und strukturelle Situation der Stadt. Durch den Weggang von Firmen seien der Stadt Einnahmen von zwei Millionen EUR verloren gegangen; immer weniger Seminargäste seien die Folge des Umzugs des Katholisch-Sozialen Instituts nach Siegburg; geschlossen werde in absehbarer Zeit das Commundo; die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) werde Honnef verlassen; der Onlinehandel mache dem Einzelhandel zu schaffen; Straßen seien marode, weil sie jahrelang nicht instand gehalten worden seien; immer mehr Rentner wohnten in Bad Honnef und sorgten für weniger Einnahmen bei der Einkommenssteuer.
Der Stadtrat habe sich seinerzeit entschieden, 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen um wieder handlungsfähig zu werden. Das alles habe enormen Druck erzeugt.
Als Maßnahmen habe die Stadt ein Haushaltssanierungsprojekt definiert, die Grundsteuer B erhöht, ein Rahmenkonzept für Stadtentwicklung erstellt, das unter anderem 3000 Neubürger vorsehe, Förderprojekte an Land gezogen und die Wirtschaftsförderung angekurbelt. So habe man die letzte städtische Gewerbefläche an die Firma Wirtgen abgegeben. All diese Maßnahmen würden Bad Honnef nach vorne bringen, nur noch nicht sofort. Neuhoff erwartet 2020 die ersten Effekte.
Hingegen müsste sich der Einzelhandel mit dem Onlinehandel auseinandersetzen. Jährlich würden die Bad Honnefer Unternehmen 1-2 Prozent Umsatz an Amazon und Co verlieren. Mit einer eigenen Onlineplattform soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden.
Neuhoff sieht viel Entwicklungspotenzial in der Stadt, das er nutzen will. Dazu müsse der Wille aller Beteiligten gestärkt und die positiven Kräfte müssten zusammengeführt werden. Eine Dachmarke könne dabei helfen, Identität zu schaffen, ein Einheitsgefühl zu entwickeln, sich in einem hart umkämpften Wirtschaftsmarkt durch besondere Leistungen oder Merkmale von der Konkurrenz abzuheben.
Die vielfach kritisierten Maßnahmen bei der Einführung der Dachmarke verteidigte Neuhoff. Mann habe auf diese Weise Aufmerksamkeit erzielen wollen. Mit dem Slogan habe auch er sich erst einmal auseinandersetzen müssen. Letztlich musste eine Entscheidung her, so Neuhoff. Die habe er dann getroffen. Nun komme es darauf an, die Dachmarke mit Leben zu füllen.
Alle Fraktionen begrüßten die Einführung einer Dachmarke. Sie mache Bad Honnef zukunftsfähig, so CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Wolff. Allerdings sei es nicht mit einem Logo und einem Claim getan. Es müsse weitergehen, dafür müsse Geld in die Hand genommen werden. SPD-Fraktionschef Guido Leiwig zeigte sich begeistert über die vielen Reaktionen aus der Bevölkerung. Er habe, seitdem er politisch in Bad Honnef aktiv sei, noch nie so viel Anteilnahme erlebt. Dabei bezog er sich auch auf die vielen Besucher, die bei der Ratssitzung anwesend waren. Karl-Heinz Dissmann meinte, ein Blick in die Bücher genüge um zu wissen, wie wichtig dieser Dachmarkenprozess sei. FDP-Fraktionsvorsitzende Martina Ihrig verstehe unter einer Dachmarke, das Wir zu stärken. Ein Onlineportal könne erfolgreich sein, wenn es von vielen Bad Honnefern genutzt würde. Gabriele Clooth von den Grünen sagte, sie sei froh, dass etwas geschehe und hoffe, dass die Bürgerschaft mitgenommen werde. FWG-Vorsitzender Manfred Rauw stimmte ebenfalls für die Dachmarke, hält aber die Höhe der Grund- und Gewerbesteuer und die neue Parkgebührenordnung für kontraindiziert.
Fast übereinstimmend sahen die Fraktionen in der Kommunikation und der fehlenden Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Schwachstellen. „Das hätte man besser machen können“, so Sebastian Wolff. Guido Leiwig hätte gerne mehrere Vorschläge zur Auswahl gehabt.
Um den Erfolg der Dachmarke zu sichern, äußerte SPD-Ratsherr Klaus Munk zum Schluss noch einen allgemeinen Wunsch. Es dürfe in Zukunft nicht mehr vorkommen, dass Touristen erst vier Stunden durch die Stadt lauf müssten, um in Bad Honnef ein Bier trinken zu können.
Auch die Wappen-Frage ist geklärt. Das Wappen der Stadt bleibt in der seit 1973 verwendeten Fassung unverändert bestehen. Soweit die Verwendung des offiziellen Stadtwappens nicht zwingend vorgeschrieben ist, soll die Stadt – auch bei der Vergabe an Dritte – zur Außendarstellung Logo und Claim der Dachmarke verwenden. Bestehende Wappendarstellungen genießen Bestandsschutz.
Was wird aus dem Rathaus?
Nach dem erfolgreichen Dachmarkenbeschluss erklärte Fabiano Pinto, Geschäftsbereichsleiter Städtebau, die Sanierungsmaßnahmen, die im und am Rathaus durchgeführt werden.
Bei dem jetzt 34 Jahre alten Gebäude seien über die Jahre notwendige qualifizierte Instandhaltungen und Modernisierungen versäumt worden. Außerdem hätten keine ausreichenden Gebäudeanalysen vorgelegen. Die seien nun nachgeholt worden, dabei sei man auch der Frage nachgegangen, ob der Baugrund, auf dem das Rathaus steht, überhaupt geeignet sei. Das könne man „zu großen Teilen bejahen“, so die Antwort des Baufachmanns. Aber er müsse teilweise auch gesichert werden.
Die notwendigen Arbeiten, die bislang durchgeführt wurden, verschlangen bereits 4,2 Millionen EUR, für weitere zwingend notwendige Maßnahmen muss die Stadt noch einmal 8,4 Millionen hinblättern. Würde sie sich auch für optionale Verbesserungen entscheiden, käme unterm Strich eine Summe von 18 Millionen EUR zusammen, so Pinto. Und dann könne man immer noch nicht von einem Luxusgebäude sprechen.
Im September soll das Thema zur Beratung auf den Tisch. Dann will man eventuell auch prüfen, ob aus funktionellen und wirtschaftlichen Gründen ein Neubau eine Option wäre. Das jetzige Rathaus habe viel Volumen und einen relativ geringen Nutzwert, so Pinto.
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