Bad Honnef | „Wenn ich richtig zähle, sind das einhundert Prozent“. Centrum-Chef Georg Zumsande hatte prophylaktisch abstimmen lassen: Wer würde sich nicht für ein Factory Outlet-Center aussprechen? Das Ergebnis verwunderte kaum. Die Pläne der Stadt Königswinter, ein solches FOC einzurichten, verunsichern naturgemäß die Bad Honnefer Geschäftswelt.
Deshalb lud der Centrum e.V. heute zum Thema „Wie gefährlich ist das geplante Outlet-Zentrum in Königswinter für unsere Innenstadtentwicklung und wie sollten wir damit umgehen?“ in die Parkresidenz. Refernt war Rechtsanwalt Hansjörg Tamoj. Die Resonanz war riesig. Neben fast allen Geschäfteinhabern nahmen Vertreter aller Parteien teil, außerdem Bürgermeisterin Wally Feiden und mit Guido Leiwig (SPD) und Sebastian Wolff (CDU) zwei ihrer möglichen Nachfolger.
Für alle stand fest: Hier sollte nicht der Stab über die Nachbarkommune gebrochen werden. Auf Grund der schwierigen innerstädtischen Situation sei wohl für jeden nachvollziehbar, dass sich Königswinter auch mit einem solchen Projekt beschäftige. Aber man wolle Stimmungen und Meinungen transparent machen, sich auf einen möglichen Tag X vorbereiten, so Zumsande.
Hansjörg Tamoj erklärte das Wesen eines Factory Outlet-Centers, Vor- und Nachteile, das Prozedre bis zur Baugenehmigung und die Möglichkeiten der betroffenen Nachbarkommunen, den Bau eines FOC zu beeinträchtigen oder sogar zu verhindern.
Ein Outlet-Center sei ein Direktvertrieb von Markenwaren ohne Zwischenhändler. In der Regel würden Waren zweiter Wahl verkauft, Retouren, Konkursware und Testware. Rabatte bis zu 50 Prozent würden angesetzt. Für den bestehenden Einzelhandel eine echte Bedrohung. Je nach Größe des Centers könnte dem ein Umsatz von bis zu 18 Prozent wegbrechen.
Neu sei, dass FOC immer mehr in Stadtnähe gebaut würden. Das habe rechtliche Gründe. Die Regeln schrieben vor, dass große Einzelhandelsvorhaben auf der grünen Wiese tabu seien. So soll verhindert werden, dass Kaufkraft aus den Innenstädten abgezogen wird. Sie sollen nur noch in zentralen Versorgungsbereichen zugelassen werden, in Stadt- und Ortsteilzentren. Deshalb zögen die Investoren immer mehr in die Städte, wie beispielsweise in Bad Münstereifel. Auch in Königswinter zählen die drei ausgesuchten Standorte zum Innenstadtbereich.
Die NRW-Landesregierung ist keine Freundin solcher üppigen Geschäftsansammlungen. Deshalb billigt sie Kommunen, die wirtschaftlich von einem solchen Einkaufsgigantismus betroffen sind, weitreichende Eingriffsmöglichkeiten zu, zum Beispiel wenn ihre örtlichen Zentren wirtschaftlich massiv geschwächt würden. Entscheidend seien hier neutrale Gutachter, die mit viel Erfahrung den Markt analysierten, so Tamoj. In letzter Zeit hätten aber Gerichte immer öfter Gutachten abgewiesen, weil sie zu FOC-freundlich ausgefallen seien.
Damit eine Baugenehmigung erteilt werden könne, müsse ein Interessensausgleich zwischen den betreffende Kommunen stattfinden, einer Koordination der gemeindlichen Interessen messe der Gesetzgeber hier sehr große Bedeutung bei, so Tamoj. Und: In diesem Falle müsse die Initiative von der Stadt Königswinter ausgehen. Theoretisch könne man sich also in Bad Honnef zurücklehnen. Was Tamoj nicht empfiehlt. Bad Honnef müsse wachsam sein, solle unbedingt auf Beteiligung am Verfahren drängen und bei Nichtbeachtung klagen.
Das scheint nicht notwendig zu sein. Königswinters Bürgermeister Peter Wirtz, ein Verfechter des Outlet-Centers, hat bereits mit einer anderen betroffenen Kommune, St. Augustin, Gespräche geführt. Es ist nicht zu erwarten, dass er sich Bad Honnef verschließt.
Auch FDP-Chef Rainer Quink sieht das so. Die FDP habe ihrerseits schon Kontakt zur Schwesterpartei in Königswinter aufgenommen und sieht die Lösung in einer interkommunalen Zusammenarbeit: „Das Thema ist für die FDP erneut ein Beweis dafür, dass es im Siebengebirge nur zusammen voran gehen kann“, so Quink. Seine Partei erkennt sowohl mögliche Gefahren für den Einzelhandel als auch Chancen für Tourismus, Hotel und Gastronomie. Die beiden Stadtverwaltungen sollten sich so schnell wie möglich zusammensetzen, dann müssten Einzelhandel, Hotel und Gastronomie mit an den runden Tisch.
Karl-Heinz Dißmann vom BÜRGERBLOCK fragte nach der anderen Seite der Medaille, also nach den Chancen durch ein FOC für Bad Honnef. Eine Antwort bekam er nicht. Dafür sprach Bürgermeisterin Wally Feiden klare Worte: „Jammern haben wir nicht nötig“. Bad Honnefs Markenzeichen seien die vielen kleinen tollen Geschäfte und so solle es bleiben. Allerding: „Die Innenstadt kann noch attraktiver werden, Bad Honnef muss noch besser werden.“ Mit einer starken Innenstadt würde man jedem FOC Paroli bieten können.
Klaus Wegner von den Grünen gibt FOC‘s als großflächiger Einzelhandel nach dem neuen Landesentwicklungsplan auf der grünen Wiese kaum Realisierungschancen. Vertreter der Regierungskoalition in NRW gingen davon aus, dass über die bereits geplanten FOC‘s in Duisburg, Werl, Remscheid und Bad Münstereifel kein weiteres FOC in NRW genehmigt würde.
Und Jörg Heinzelmann (SPD) erinnerte an Birkenstock, Bernd Berger und Trigema. Das seien auch Outlet-Center und Testgeschäfte. Die seien schon jahrelang in Bad Honnef beheimatet.