Bad Honnef | Mächtig in die Nesseln gesetzt haben sich Verwaltung, CDU, Bürgerblock und FDP mit ihrem Parkraumbewirtschaftungskonzept. Nachdem sich zahlreiche betroffene Bürger, die bis heute nicht offiziell über die weitreichenden Maßnahmen und Folgen informiert wurden, beschwerten und sich am Dienstag auf der Mitgliederversammlung auch der Centrum e.V. bitter beklagte, scheint nun guter Rat teuer.
Nach den jetzigen Beschlüssen haben Arbeitnehmer der in der Zone A ansässigen Firmen bald keine Parkmöglichkeit mehr – es sei denn, sie bezahlen regelmäßig Parkgebühren. Zunächst war für sie ein Monatsticket in der Zone geplant, bis die Erste Beigeordnete der Stadt, Cigdem Bern, errechnete, dass dort für Anwohner und Mitarbeiter nicht genügend Parkraum zur Verfügung stehen würde.
Ohne Vorwarnung wurde über die Köpfe der betroffenen Bürger der erweiterten Zone A beschlossen, dass sie auch mit Anwohnerausweis nicht mehr in ihrem Viertel, sondern nur noch in der Zone B kostenlos parken dürfen. Laut Ratsbeschluss soll somit eine größere Fahrzeug-Fluktuation zugunsten der Geschäfte in der Innenstadt erreicht werden. Auch umweltpolitisch ein Fauxpas.
Normalerweise ist die Parkraumberwirtschaftung Teil eines Stadtentwicklungskonzeptes. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept für Bad Honnef ist noch lange nicht geschrieben. Hier wurde ein zweiter Schritt vor dem ersten gemacht, unter anderem mit der Folge, dass wegen fehlender Kurzzeitparkplätze in der Hauptstraße bei Anlieferungen täglich ein Verkehrschaos entsteht.
Was Stadt, CDU, Bürgerblock und FDP als gelungene Wirtschaftsförderungsmaßnahme verkaufen, wollen die Geschäftsinhaber gar nicht. Eine Vertreibung der Bürger mit ihren Fahrzeugen aus der Innenstadt sei ganz und gar nicht in ihrem Interesse. Zumal sie selbst betroffen sind. Werden sie beim Be- und Entladen in der Zone A erwischt, hagelt es sofort Knöllchen. So musste Jungunternehmerin Charlotte Timons von Karlottas Kaffee und Lieblingskram bereits einen hohen dreistelligen Betrag hinlegen.
Eine Parkvignette für ansässige Unternehmen lehnte der Rat ab. Centrum-Chef Georg Zumsande fordert eine Lösung mit Perspektive, die den Einzelhändlern wirklich nutze, zum Beispiel solle die Stadt den Parkplatz Luisenstraße weiterplanen und ihn in Eigenregie führen. Viele Parkplätze würden dort von Dauerparkern blockiert. Der Vertrag mit der Betreibergesellschaft soll allerdings gerade erst für weitere Jahre verlängert worden sein.
Der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Klaus Wegner, dem CDU und Bürgerblock auf der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses die Zonenregelung in die Schuhe schieben wollten, ist entsetzt über das beschlossene Parkraumbewirtschaftungskonzept. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, was damit erreicht werden solle – außer Mehreinnahmen für den städtischen Haushalt. Betroffene seien nicht beteiligt worden, Parkmöglichkeiten für Anwohner und Beschäftigte in der Innenstadt seien nicht aufgezeigt worden.
Wegner bemängelt die extreme Erhöhung der gebührenpflichtigen Parkzeiten. Im Fokus ständen Gebührenerhöhungen, die dem Bürgermeister Spielräume für Investitionen und konsumtive Aufwendungen geben würden.
„Ich habe vorgeschlagen, gegenüber dem Verwaltungsvorschlag die bewirtschafteten Parkzonen zu verkleinern und ausgehend vom Stadtmittelpunkt faire Bedingungen für das Parken von Anwohnern, Beschäftigten, Besuchern und Kunden im innerstädtischen Bereich zu ermöglichen.“ Nach seinen Vorstellungen sollte das gebührenpflichtige Parken auf einen Radius von 200 m um den Vogelbrunnen begrenzt werden und im Radius von 400 m ein Parken mit Anwohnerparkausweis und Parkscheibe erlaubt sein. Anwohner im 200 m-Radius sollten „weiterhin Anwohnerparkausweise für Zone B erhalten und kostenfreie Parkzeiten in Zone A nutzen können. Auch Menschen, die im Bereich der Innenstadt arbeiten, sollten Möglichkeiten zum Parken erhalten“.
Die Grünen hätten sich laut Wegner dafür eingesetzt, „dass die Parkflächen am Stadion und am Freibad gebührenfrei bleiben, die gebührenpflichtigen Parkzeiten auf 56 Stunden pro Woche begrenzt bleiben und nicht wie von der Verwaltung vorgeschlagen und vom Rat beschlossen in verschiedenen Bereichen auf 7 Tage mit 70 bis 98 Stunden pro Woche ausgeweitet werden“.
Wegener weiter: „Anwohner und Beschäftigte im innerstädtischen Bereich tragen wesentlich dazu bei, dass unsere Innenstadt attraktiv bleibt und zählen zu den wichtigen Kunden des Einzelhandels und der Gastronomie“, daher sollten auch ihre Anforderungen in Verkehrs- und Parkraumkonzepten besonders berücksichtigt werden.
Aber nicht nur der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN kritisiert das Parkraumbewirtschaftungskonzept, sondern der gesamte Ortsverband. In einem gestern verteilten Papier, das in voller Länge nicht hier, sondern hier nachzulesen ist, fragen sich die Mitglieder: „Wieso installieren wir in unserer Stadt eine Parkraumbewirtschaftung, die außer Gebührenerhebung nichts bringt?“
Ob Verwaltung und die Befürworter-Fraktionen selbstkritisch sind, und das Parkraumbewirtschaftungskonzept noch einmal auf Bürger- und Nutzerfreundlich überprüfen, bleibt abzuwarten. Die nächste Chance bietet sich bei der Ratssitzung am 4. Mai 2017, wenn das Thema wegen ausstehender Beschlüsse noch einmal auf den Tisch kommen müsste.
Die ersten Schilder sollen bald, die ersten Parkscheinautomaten nach dem Sommer aufgestellt werden.
Aus dem Parkraumbewirtschaftungskonzept der Stadt Berlin:
Zufriedene Bewohner und zufriedene Gewerbetreibende
Eine Parkraumbewirtschaftung nützt in erster Linie den Bewohnern, aber auch den Kunden, Besuchern und Lieferanten des bewirtschafteten Gebiets. Die Dauerparker (vor allem Beschäftigte) werden zum Umstieg auf Bus und Bahn bewogen. In manchen Fällen können Stellplatzflächen für andere Nutzungen zur Verfügung gestellt werden, etwa für Ladezonen, Radfahrstreifen oder Fahrradabstellplätze.
Bewohnerparkausweis
Wer in einer Parkzone wohnt und dort gemeldet ist, erhält auf Antrag einen „Bewohnerparkausweis“. Damit können Sie in Ihrer Zone das ganze Jahr über parken.
Umweltverträglichkeit
Das Teilsystem Parken ist Bestandteil des Gesamtsystems Verkehr und dieses wiederum Bestandteil des Gesamtsystems Stadt. Insofern muss im Sinne der Zielsetzung des „Stadtentwicklungsplans Verkehr Berlin“ neben der Effizienz auch die Stadt- und Umweltverträglichkeit des Parkens eingelöst werden.
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