Bad Honnef | Die Stadt muss sich entwickeln, sonst steht es schlecht um den Wohlstand im Nizza am Rhein. Die Einwohner zählen zu den ältesten im Rhein-Sieg-Kreis. Bedeutet: Viele Bürgerinnen und Bürger zahlen keine Einkommenssteuer. Seit 25 Jahre hat sich die Einwohnerzahl nicht merklich nach oben hin verändert. Unternehmen wie TX Logistik und Kaiser’s gibt es in Bad Honnef nicht mehr, das KSI ist nach Siegburg gezogen, das GIZ verlässt den Uhlhof und geht nach Bonn und auch das Commundo streicht bald die Segeln.
Schlecht ist diese Entwicklung besonders für die Innenstadt, deren Attraktivität nicht nur die romantischen Ecken und Plätze ausmachen, sondern auch ein florierender Handel. Der leidet allerdings schon seit Jahren unter der Online-Konkurrenz und jetzt auch vermehrt unter dem Fernbleiben der Seminargäste.
Kann Bad Honnef den Hebel nicht umwerfen, würde das unweigerlich den Verlust von Wohn- und Lebensqualität bedeuten. Dabei drängen viele Menschen in den Rhein-Sieg-Kreis, auch weil Großstädte wie Bonn und Köln den nötigen Wohnraum nicht zur Verfügung stellen können. Will Honnef davon profitieren, muss die Stadt dringend die Infrastruktur verbessern und Wohnraum schaffen. Weiteres Problem: Durch die Wohnungsverknappung werden die Mieten immer teurer, für viele sind sie mittlerweile unbezahlbar. Mögliche Folge: Bad Honnef wird als Wohnort gemieden, wer günstig wohnen will, zieht ins benachbarte Rheinland-Pfalz.
War es bislang in Bad Honnef Praxis, Einzelprojekte umzusetzen, arbeiten seit 2014 Fachleute der Verwaltung und einer externen Planungsfirma am „Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISek) Bad Honnef“. Hier werden Planungsprozesse hinsichtlich von Siedlungsstruktur, Verkehr, Umwelt und sozialen Belange im Zusammenhang entwickelt und dargestellt.
Von Beginn an sind die Bürgerinnen und Bürger an dem Stadtentwicklungsprozess beteiligt worden. Nun sind sie aufgerufen, an den Umsetzungsprozessen mitzuwirken und an dem integrierten Handlungskonzept (InHK) mitzuarbeiten.
Eines von drei Entwicklungsteilen wurde heute im Ratssaal zur Diskussion gestellt: Stadterneuerung Innenstadt/Rheinufer/Rhöndorf. Ziel ist letztlich die Stärkung der Funktion der Innenstadt, die Erhöhung der Attraktivität der Stadtmitte, die optimale Verbindung der Innenstadt mit dem Rheinufer und dem ÖPNV- und für die Umsetzung der Projekte Fördergelder zu erhalten.
Zu den einzelnen Bereichen stellten die Planer Projekträume und mögliche Projektziele vor. So ging es in Rhöndorf zum Beispiel um die Entwicklung des Stadteingangs, die Gestaltung des Ziepchesplatzes und die Qualifizierung des Bahnhofumfelds. Im Einzelnen wurden unter anderem Möglichkeiten angesprochen, den P + R-Parkplatz zu erweitern und die Bahnunterführung vorteilhafter zu gestalten. Am Stadteingang könnten ein Wanderparkplatz und ein Informationspunkt für Wandertourismus eingerichtet werden und beim Ziepchesplatz schwebt den Planern mehr Gemütlichkeit mit Bänken und Tischen vor. Allerdings unter Beibehalt einiger Parkplätze.
Im Bereich Rheinufer-Grafenwerth sind unter anderem erweiterte Sport- und Spielmöglichkeiten angedacht, die Verlagerung des Bahnhofes an die Endhaltestelle und die Errichtung eines Parkhauses zwischen Endhaltestelle und neuem DB-Haltepunkt, außerdem der Neubau einer Brücke für nichtmotorisierten Verkehr und die Erschließung eines gemischten Baugebiets südlich der Endhaltestelle Giradetallee.
Auf der Insel selbst sollen Wege und Verbindungen verbessert und eine feste Bühne installiert werden.
Als Projekträume im Bereich der Innenstadt wurden unter anderem die Weiterentwicklung des Ortskerns Rommersdorf, der Ausbau der L193 im Bereich Am Saynschen Hof, Bahnhofstraße und Hauptstraße mit Einrichtung einer Karreelösung, die städtebauliche Entwicklung im Bereich des Luisenparkplatzes und eine Aufwertung des Rathausvorplatzes vorgeschlagen.
Zu allen Projektideen konnten die Teilnehmer Anmerkungen heften, ebenfalls konnten sie weitere Ideen notieren. Die Ergebnisse werden zusammengefasst und eingearbeitet, versprach Joachim Sterl vom Planungsbüro „Norbert Post/Hartmut Welters – Architekten & Stadtplaner GmbH“. Alle Projekträume und Projetkideen einschießlich verschiedener Varianten sowie das Protokoll des Dialogs werden in Kürze auf der Webseite der Stadt veröffentlicht.
Bürgermeister Otto Neuhoff war am Ende der Veranstaltung guten Mutes, dass die Stadt nachhaltig qualitätsvoll wachsen könne. Über 700 Bauanträge lägen auf seinem Tisch, neben der erhofften öffentlichen Förderung ständen auch private Investoren bereit. Allerdings kennt er auch Bürger, „die sich am liebsten eine Verbesserung ohne Veränderung wünschen“. Und er gab auch zu, das die Stadt mit dem anspruchsvollen Projekt scheitern könnte: „Mal gewinnst Du, mal verlierst Du.“
Projekträume und Projektideen (unvollständig):
Weiterentwicklung Ortskern Rommersdorf
Modernisierung Siebengebirgsgymnasium
Renaturierung Möschbach im Bereich Am Spitzenbach
Neubebauung Gesamtschule St. Josef
Ausbau Rommersdorfer Straße
Umbau und Umnutzung Konrad-Adenauer-Schule
Neubebauung Karree Postgelände
Städtebauliche Entwicklung und Neuordnung Karree Am Saynschen Hof/Hauptstraße
Entwicklung Obachtal zwischen zwischen Mühlheimer Straße und Mühlenpfad
Städtebauliche Entwicklung Bereich Luisenparkplatz
Aufwertung Fußgängerzone im Bereich Hauptstraße/F.-X.-Trips-Platz/Markt
Entwicklung Achse Weyermannalle/Giradetallee
Ausbau L193 Am Saynschen Hof/Bahnhofstr./Hauptstr.
Umgestaltung und Bebauung Bereich St. Johann Baptist
Qualifizierung Insel Grafenwerth
Ertüchtigung Rhein-Altarm
Ausbau und Gestaltung Leinpfad und Fähranleger
Entwicklung Stadteingang Bad Honnef
Varianten für „Brückenschlag“
Entwicklung Rheinuferpark
Städtebauliche Entwicklung und Brückenanbindung Bereich zwischen Endhaltestelle und Honnefer Kreuz
Entwicklung Stadteingang Rhöndorf
Gestaltung Ziepchesplatz
Qualifizierung Bahnhofsumfeld und Rheinlage Rhöndorf
Aufwertung und Bebauung Stadtgartengelände
Leserbrief zum Thema
Betreff: Bürgerdialog vom 10.07.2017 zu den Entwürfen der Stadtplaner
Die Stadt, der Bürgermeister und die Planungscrew hatten zum „Bürgerdialog“ geladen. Und ich hatte mich auf einen diskussionsreichen Abend eingestellt.
Schon beim Betreten des Rathauses sah man überall Hinweisschilder zum „Bürgerdialog“.
Der Saal war auch gut gefüllt und ich freute mich auf spannende Diskussionen.
Fehlanzeige!
Der „Bürgerdialog“ fand nicht statt. Der Herr Bürgermeister und die Leute von der Planung stellten in zwei Stunden die Konzepte im Einzelnen dar. Dann wurden die Bürger gebeten, ihre Meinung auf grünen, gelben und roten Zetteln kund zu tun.
Grün für gut und Rot für schlecht.
Nachdem diese ewig dauernde Zettelschreiberei vorbei war, hatte ich immer noch ein wenig die Hoffnung, dass vielleicht doch noch ein Dialog entsteht. Es haben sich zwar noch zwei Leute zu Wort gemeldet. Was diese gesagt haben, war teilweise überhaupt nicht zu verstehen, weil man ihnen kein Mikrofon gegeben hat.
Da der „Bürgerdialog“ inzwischen in die 3. Stunde ging, waren nur noch wenige Bürger anwesend. Und die hatten unter diesen Umständen auch keine Lust mehr, sich zu Wort zu melden.
Nur böse Zungen behaupten, dass diese Vorgehensweise Taktik sei.
Der nächste Bürgerdialog wird nicht so ablaufen – versprochen.
Rainer Büsch <Montanabay@web.de>