Personelle Veränderungen bei Bündnis 90/Die Grünen auf Bundesebene zwingen die Parteien, die 2013 regieren wollen, ihre Strategien zu überdenken. Den Wähler wird es nicht interessieren, er stimmt ab mit Herz und Verstand.
Was bedeutet der Führungswechsel für die Bad Honnefer Ortspartei der Grünen und vor allem für die Allianz? honnefshopping.de fragte nach. Burkhard Hoffmeister, Vorstandsmitglied und Sprecher des Ortsverbandes von Bündnis 90/Die Grünen antwortete schriftlich.
Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage will jeder dritte Bürger in Deutschland Schwarz-Grün. Überrascht Sie das?
Nein, das überrascht nicht. Und hat ja auch gute Gründe: Spätestens mit dem Ergebnis der für Deutschland ungewöhnlichen Urwahl unserer SpitzenkandidatInnen wurde sehr vielen klar: Die Grünen bauen ihre Politik sehr auf Werte. Sie haben ihre Kernpunkte wie Nachhaltigkeit und Ökologie weder vergessen, noch verkaufen sie diese an der nächste Ecke. Bei ihnen gibt es kein ausgehöhltes C, kein verlorenes S, keinen Hang zur so absurden wie nichtssagenden Spaßpartei ohne erkennbare Inhalte.
Nicht dass wir uns nicht noch verbessern könnten; Bereitschaft zur Selbstkritik ist ja eine positive Haltung. Also haben wir so etwas wie Streitkultur – und die ist nicht witzig, sondern wichtig. Also beziehen wir uns immer wieder auf „die Basis“ oder Bürgerinitiativen – und das ist nicht lächerlich, sondern sorgt für Nähe zu den Menschen jenseits abgehobener Phrasen. Also machten wir auch die Urwahl – die sicher gewagt war (viele bei uns selbst fragten skeptisch) – und die erwies sich nicht als Nonsens, sondern setzte ein Zeichen: Es geht auch anders, gründlich demokratisch, mit offenem und einem an der Sache orientierten Ergebnis.
Wir sind überhaupt nicht überrascht. Warum auch? Ein Quiz mit gerade mal drei Fragen mag verstehen helfen: Sind Nachhaltigkeit und Ökologie so weit entfernt von der ‚Bewahrung der Schöpfung‘? Spricht das Ziel des Menschen im Einklang mit Umwelt und Natur nicht all jene Kreise an, die auf Werte und ethische Leitlinien setzen? Könnte mensch unsere Basisdemokratie nicht als zeitgemäße Anwendung des Freiheitsgedankens mit funktionierenden Mitteln bezeichnen?
In Bad Honnef hat Ihre Partei 2009 eine Allianz mit CDU und FDP geschlossen. Bisher ein Erfolgsmodell?
Ja, die Allianz ist ein Erfolgsmodell. Sie hat erhebliche Stabilität in die Honnefer Kommunalpolitik gebracht. Berechenbarkeit. Zukünftige Koalitionen anderer Bauart werden es sehr schwer haben, die Qualität der Allianz vergessen zu machen. Kann sich heute noch jemand daran erinnern, dass Honnef mal von Möchtegern-Potentaten regiert wurde, die glaubten: Mir gehört die Stadt, ich bin die Stadt? Eine Rückkehr in diese -zig Nachkriegsjahre mit ihrer selbstverliebten Verirrung wäre ganz schwer vorstellbar. Und erinnern Sie sich noch an das Hin & Her der Zufallsmehrheiten mit stets erneut gesuchten – meist bürgerlichen – Partnern? An die vielen zu schluckenden Kröten, die ganz faulen Kompromisse, den bedenkenlosen Opportunismus allein zum Erhalt der kommunalen Macht? Das will doch niemand mehr.
Es war für uns ziemlich klar: Als wir den Allianzvertrag im Kursaal unterschrieben, bestand eine erhebliche Menge an Gemeinsamkeiten zwischen gerade diesen drei Parteien. Genug für einige Jahre stabile Koalition. Und das waren konkrete Inhalte und politische Ziele. Es klappte auf der persönlichen Ebene. Wenn Sebastian* oder Petra* von der CDU etwas sagen, dann können wir Grünen uns bisher darauf verlassen. Was auch für Rainer* und Martina* von der FDP zutrifft. Die drei Koalitionspartner korrigieren sich gegenseitig. Auch wenn wir mal nicht von Anfang an einer Meinung sind, suchen wir dennoch das Miteinander. Und bisher klappt das. Sogar gut.
Erfolg macht sich natürlich weniger am Wohlfühlfaktor für die beteiligten Parteien fest als an den Konsequenzen für die in der Stadt wohnenden Menschen. Da lohnt sich sehr genaue Betrachtung. Haben Sie gemerkt, dass Gebühren und Belastungen kaum gestiegen sind mit der Allianz? Dass nicht nur bei OGS Kahlschlag verhindert wurde? Dass ein Miteinander von wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz klappen kann? Dass heute eine gemeinsame Gesamtschule der beiden Siebengebirgsstädte durchaus in Reichweite sein könnte? Dass das hemmende Chaos früheren Parteienstreits sich schlagartig befriedete und heute Unterschiede ziemlich erkennbar sowie breite Gemeinsamkeiten für BergerInneninteressen immer häufiger sind?
Vorausgesetzt die Mehrheiten stimmen: Könnten Sie sich 2014 eine Koalition mit der SPD vorstellen?
Naja, die Latte hängt jetzt hoch. Koalitionen basieren auf Gemeinsamkeiten. Und diese Gemeinsamkeiten können sich beziehen auf: Inhalte von kommunalem Handeln, die von den Partnern geteilt werden; Ziele, die sich immer am Wohl der Bürgerinnen und Bürger sowie deren Umwelt ausrichten; Respekt und Achtung untereinander.
Mit den Grünen kommen Partner stets gut aus, wenn sie zumindest unsere emotionale Grundüberzeugung akzeptieren: Die Natur kommt allemal prima ohne den Menschen aus, der Mensch aber nicht und nie ohne die Natur.
Wilde Orientierung auf Wachstum finden wir aberwitzig. Alle wissen doch, dass Honnef in den nächsten Jahren auf 23.000 EinwohnerInnen schrumpfen wird – warum besteht dann immer wieder der Hang dazu, die eigenen Wählerinnen und Wähler zu verkohlen? Wer also Qualität den Vorrang gibt vor Quantität, macht in Grünen Augen ziemlich viel richtig.
Zur Gestaltung politischen Miteinanders haben die Grünen klare Vorstellungen mit klaren Namen: Offenheit, Transparenz, Partizipation. Das müssen Partner schon weitgehend mitmachen. Nicht nur unter den beteiligten Koalitionären, sondern auch (und gerade!) in der Interaktion mit den Menschen, die in der Stadt leben. Denn die Bevölkerung ist der Souverän – nicht irgendeine Stadtratsmehrheit.
Könnte die SPD das? Die Antwort wird sie uns selbst geben. Nichts wäre richtig daran zu vergessen, dass gerade die SPD mehr als ein Jahrhundert deutsche Politik menschlicher und demokratischer machte. Sie war sehr lange die wichtigste Partei im Land. Sie hat historische Verdienste; also gebührt ihr großer Respekt.
Nach 30 Jahren können aber auch wir Grünen auf Ergebnisse verweisen. Vermutlich sind wir sogar das politische Erfolgsmodell der Bundesrepublik D. Gern (und auch zufrieden) konstatieren wir, dass fast sämtliche Parteien heute viele grüne Themen zu den Ihren machen: Umwelt & Natur, Energie, Nachhaltigkeit, direkte Demokratie. Wir finden das toll. Sind stolz drauf.
Und wer die Grünen in ihrer Orientierung auf die Bürger und Bürgerinnen selbst sowie auf Demokratie versteht, der weiß: Für uns ist es natürlich wichtig, wie die Leute wählen. Denn das Sagen haben Sie. Auf diese Ihre Stimme/n werden wir hören, wenn wir am Wahlabend die Ergebnisse erfahren. Nur wer zuhört, kann auch Ernsthaftes von sich geben – wobei wir selbst am ungeduldigsten lauschen werden.
* Namensergänzungen:
Sebastian Wolff (Vorsitzender CDU-Ortsverband)
Petra Kansy (Vorsitzende CDU-Frauen Union)
Rainer Quink (Fraktionsvorsitzender FDP)
Martina Ihrig (Stellv. Fraktionsvorsitzende FDP)