Bad Honnef | Über eine Million Menschen sind in Deutschland an Demenz erkrankt – zwei Prozent von ihnen sind zwischen 65 und 69 Jahren alt. Bei den 80- bis 84-Jährigen steigt die Anzahl auf zehn bis 17 Prozent an, bei den über 90-Jährigen sind es sogar über 30 Prozent.
Viele an Demenz erkrankte Menschen werden in Pflegeheimen versorgt, zum Beispiel im Evangelischen Seniorenstift der Diacor – Gesellschaft für diakonische Aufgaben mbH in Bad Honnef. Die Betreuungskonzepte unterscheiden sich inhaltlich. Leben die Frauen und Männer in manchen Einrichtungen in eigens auf ihre Krankheit abgestimmten Bereichen, wohnen sie in anderen Tür an Tür mit den nicht demenziell erkrankten Bewohnern. „Im Evangelischen Seniorenstift sind alle Bewohner gleich, wir machen keinen Unterschied“, sagt Diacor-Geschäftsführer Markus Jeß.
Seit 2000 leitet er die Geschicke der Gesellschaft für diakonische Aufgaben. „Ich bin sehr zufrieden. Im sozialen Bereich tätig sein zu können, ist ein großes Glück“, so der Diplom-Kaufmann. Neben dem Evangelischen Seniorenstift gehört auch das Franz-Dahl-Stift zu dem evangelischen Träger.
Fehlende Menschlichkeit kann nicht durch Fachlichkeit ersetzt werden
Weniger glücklich ist Jeß über die Situation in der Altenpflege in Deutschland. „Bürokratisierung, Finanzierung und Akademisierung machen uns das Leben schwer“, klagt Jeß. Bei Pflegesatzverhandlungen hätte man kaum Chancen, seine Forderungen durchzusetzen („Reine Planwirtschaft“), Dokumentationspflichten würden die Pflegekräfte von ihrer eigentlichen Aufgabe, für die Menschen da zu sein, abhalten („Von dem versprochenen Bürokratie-Abbau ist nichts zu spüren“); ein relativ neues Phänomen ist die Akademisierung. „Natürlich bin ich nicht gegen eine gute Ausbildung. Aber ob man ein akademisches Studium haben muss, um alte Menschen gut pflegen und betreuen zu können, bezweifle ich“, so Jeß. „Fehlende Menschlichkeit kann ich doch nicht durch Fachlichkeit ersetzen.“
Menschlichkeit ist bei Diacor der Schlüsselbegriff. Schon die Vorgängerorganisation, der Verein Alterswohl, verschrieb sich der Hilfe und dem Beistand von Menschen, die aus eigener Kraft ihre Selbstständigkeit nicht mehr erhalten konnten. 1998 wurde die GmbH gegründet. Organisatorische und wirtschaftliche Gründe waren dafür ausschlaggebend. „Wir mussten uns professionalisieren. Nur mit ehrenamtlicher Tätigkeit waren die Aufgaben des Vereins nicht mehr zu bewältigen. „Heute sind wir ein kleines mittelständisches Unternehmen mit 120 hauptamtlichen Mitarbeitern“.
Pflegekräfte werden zu schlecht bezahlt
Ein Unternehmen, das sich durchaus von anderen Pflegeanbietern unterscheidet. Zum Beispiel? „In unserer Küche wird noch von eigenen Mitarbeitern gekocht und auch die hauswirtschaftlichen Kräfte sind Angestellte bei Diacor“, sagt Geschäftsführer Markus Jeß. Das ist nicht selbstverständlich. Vor allem private Träger geben dem Druck des Marktes immer mehr nach, setzen Sparmaßnahmen zu Lasten der Bewohner und Mitarbeiter um, indem sie Fremdfirmen beauftragen. Da ist oftmals das Chaos vorprogrammiert und die Qualität steht hintenan. „Die sind zwar in der Regel billiger“, sagt Jeß, „aber unter welchen Bedingungen, liegt auf der Hand“. Damit meint er vor allem schlecht bezahltes und nicht ausreichend qualifiziertes Personal.
Als Mitarbeiter bei Diacor wird man nach Tarif bezahlt, zu den Großverdienern zählt trotzdem niemand. „Im Gegenteil“, sagt Jeß, „Pflegekräfte werden für das was sie leisten deutlich zu schlecht bezahlt“. Einfluss auf die Gehälter haben die Träger kaum. Die Pflegekassen bestimmen die Leistungsentgelte. Da gibt es selten Spielraum.
Auch bei der Diakonie gibt es Verhinderungsmechanismen
Anders ist das bei der menschlichen Wertschätzung. Da macht es nicht selten einen Unterschied, ob hinter dem Pflegeheim eine profitorientierte Aktiengesellschaft steht oder ein christlich orientierter Träger, der wirtschaftlich verantwortungsvoll handelt.
Damit will Jeß nicht pauschal alle Privaten verteufeln und alle kirchlich getragenen Häuser unkritisch sehen. „Auch bei der Diakonie gibt es schlecht organisierte Betriebe.“ Und Verhinderungsmechanismen. Nicht zuletzt deshalb hat sich Diacor von dem diakonischen Qualitätsmanagement „Pflegesiegel“ verabschiedet. „Das war viel zu kompliziert, zu aufwändig und nicht alltagstauglich“, sagt Jeß. Die Einrichtungen von Diacor sind nach DIN EN ISO zertifiziert und fahren damit gut. Bei der letzten Bewertung durch Bewohner, Angehörige und den Medizinischen Dienst (MDK) bekam das Evangelische Seniorenstift die Note „Sehr gut“.
Stellenanzeigen haben bei Diacor eher Seltenheitswert
Dass die Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber zufrieden sind, beweisen die geringen Wechsel. Jeß: „Unser Personal hält uns die Treue. Stellenanzeigen müssen wir selten aufgeben.“ – Im Gegensatz zu Diacor leiden viele Träger massiv unter Personalmangel.
Wenn am 21. September der Welt-Alzheimertag stattfindet, hat die Öffentlichkeit Gelegenheit, mehr über die Problematik von Alzheimer-Kranken und ihren Angehörigen zu erfahren. Aber die gesamte Altenpflege benötigt mehr Aufmerksamkeit. Pflegekritiker Claus Fussek behauptet: Fällt in Deutschland ein Kaninchen vom Balkon, stehen gleich zwanzig Tierschutzorganisationen vor der Tür. Wird ein alter Mensch im Pflegeheim fixiert, weil nicht genügend Personal vorhanden ist, regt das kaum jemanden auf.“
Bei Diacor undenkbar.
Diacor ist eine gemeinnützige Gesellschaft der evangelischen Kirchengemeinde Bad Honnef. Sie betreibt die Pflegeeinrichtungen „Evangelisches Johannesstift“ (66 Seniorenwohnungen, Wohnpflegebereich mit 79 Pflegeplätzen) und „Franz-Dahl-Stift“ (38 Appartements). Leiter der Einrichtungen ist Detlef Greiner.
Diacor – Gesellschaft für diakonische Aufgaben mbH
Am Honnefer Kreuz 21
53604 Bad Honnef
Telefon: (02224) 15-0 · Telefax: (02224) 15-349
zentrale@diacor.de · www.diacor.de
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